Trainerausbildung C Boule Breitensport

Trainerausbildung C Boule Breitensport
vom 24-28.7.2023 in der Sportschule Hachen

30 neue Trainer*innen für den Breitensport

Dass die Trainerausbildung in NRW auf allerhöchstem Niveau stattfindet, hat sich offenbar inzwischen in der „Boule Republik“ Deutschland und den angrenzenden Ländern herumgesprochen. Aus der Schweiz, Bayern, Baden-Württemberg, bis nach Schleswig-Holstein hoch, reisten die Teilnehmer*innen in die schöne Sportschule nach Hachen im Sauerland an, um sich durch den BPV NRW zu Trainer*innen im Breitensport Boule ausbilden zu lassen.

Mit Norbert Koch und Michael Weise leiteten zwei sehr erfahrene und renommierte Trainer die Ausbildung. Unterstützung bekamen die beiden in diesem Jahr von Günter Brüning und Henry Jürgens. Günter als Beauftragter für das Trainerwesen im BPV NRW, und Henry als Entwickler der niederschwelligen Zertifikatsangebote im Trainerwesen, sind beide Mitglieder im Bildungs- und Breitensportausschuss des BPV und übernehmen in den kommenden Jahren die Trainerausbildung im Bereich Breitensport.

Norbert Koch ist als Diplom-Sportlehrer ein Urgestein im Bereich der Trainerausbildung in NRW. Großes Fachwissen im Bereich der Sportwissenschaften und ebensolche Kompetenzen im menschlichen Miteinander, auf und neben dem Bouleplatz, zeichnen ihn aus. Dazu hat er die Fähigkeit, Menschen zu begeistern. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass 30 erwachsene Menschen am frühen Morgen ausgiebigst „Mein Hut der hat drei Ecken“ singen?

Michael Weise besitzt vermutlich eine sehr große Bibliothek mit Fachbüchern zu allen Bereichen des mentalen Trainings im Sport, die er auch noch alle gelesen und verstanden hat. Große Erfahrung im hochklassigen Coaching in anderen Sportarten, wie Tennis oder Darts, lassen ihn über den Pétanque-Tellerrand hinausblicken. Was passiert im Gehirn, wenn wir Sport treiben? Ob bis ins kleinste Detail analysierte Bewegungsabläufe, oder der große Einfluss des limbischen Systems auf unser Befinden und unsere Leistungsfähigkeit, Michael kennt sich aus und kann Zusammenhänge ruhig, auf den Punkt genau, formulieren und erklären.

Die beiden ergänzen sich in ihren Kompetenzen und Charakteren hervorragend. Und dass sie schon seit Jahren gemeinsam Lehrgänge leiten, bringt eine Lockerheit und charmante Art in die Moderation der Inhalte:

Kurzweilig, abwechslungsreich, begeisternd, nachdenklich, emotional und immer fachlich auf allerhöchstem Niveau. Hoffentlich bleibt dem Trainerwesen in Deutschland dieses Duo noch lange erhalten.

Die Wetterprognosen für die Seminarwoche waren katastrophal, und sie bewahrheiteten sich leider auch. So wurde der Zeitplan schon am Montagmorgen beiseitegelegt, und man einigte sich darauf, dass immer dann, wenn es mal eine halbe Stunde trocken bleiben sollte, spontan das Programm unterbrochen wird, um draußen die Praxiseinheiten zu absolvieren. Oft genug wurden dann die Kugeln ganz schnell wieder eingepackt, um vor dem nächsten Schauer in den Seminarraum zu flüchten.

Der rote Faden in der Trainerausbildung waren die verschiedenen Formate und Ideen zum Bouletraining im Breitensport. Die „Konzeptwerkstatt Breitensport Boule“ stellte somit den Mittelpunkt der Ausbildung dar. In Kleingruppen arbeiteten die Teilnehmer*innen über die Woche an ihren Projekten. Immer flankiert von den fachlichen Inputs des Ausbilder-Teams.

Um nur einige Schwerpunkte innerhalb der Woche zu nennen:

  • Welche Rolle haben wir als Trainer*innen inne? Was müssen wir an „Soft-Skills“ besitzen? Wie agieren wir im menschlichen Bereich? Was macht den Breitensport in Abgrenzung zum Leistungssport aus?
  • In der Praxis ging es um Aufwärmen, Koordination, Beweglichkeit, Taktik, die Grundtechniken und auf die Zielgruppe abgestimmte Spiel- und Übungsformen.
  • Die „Basics“ der Trainingslehre nahmen sicherlich den größten Anteil der Ausbildung ein. Bewegungsabläufe, Bewegungsanalysen, Korrekturen, Biomechanik, Trainingsprinzipien, Grundlagen in Anatomie und Sportmedizin wurden miteinander zu einem stimmigen Ganzen verknüpft. Diese „Basics“ wurden dann anhand der Beschäftigung mit dem Technikleitbild praktisch mit Leben gefüllt.
  • Methodik und Didaktik, das Phasenmodell des motorischen Lernens, der Aufbau von Trainingsplänen, Erfolgskontrolle und Trainingsprinzipien wurden als Grundlage für die Konzeption eigener Trainingskonzeptionen vermittelt.
  • Elemente der Sportpsychologie fanden sich in den Themenbereichen der mentalen Selbststeuerung und der Teamentwicklung wieder.
  • Werte im Sport, Doping, der Umgang mit Suchtmitteln, die soziale Kompetenz und Verantwortung waren Themenblöcke aus der Sportpädagogik.

Am Montag ging es schon im Anschluss an die Vorstellungsrunde und die biographischen Intentionen der Teilnehmer*innen, warum sie einen Trainerschein erwerben wollen, tief in die Thematik des Trainerwesens und des Selbstverständnisses der angehenden Trainer*innen. Norbert zeigte direkt eine klare Position in „seinem“ Thema: Wertevermittlung im Sport. Diese ersten Stunden motivierten alle Teilnehmer*innen dazu, die Perspektive auf die Trainertätigkeit ganzheitlicher zu richten, was sich in den nächsten Tagen immer wieder positiv bemerkbar machte.

Aufgrund des Dauerregens standen die Praxiseinheiten im Zeichen des Cross-Boccia-Balles. Ein hervorragendes Trainingsgerät für ALLE Spieler*innen. Vom Kita-Kind bis in die Seniorenbetreuung und von Anfänger*innen bis zu Nationalspieler*innen. Diese weichen Bälle lassen sich für intensives, zielgerichtetes und motivierendes Training bei allen Zielgruppen sinnvoll einsetzen.

Aufgrund des Dauerregens standen die Praxiseinheiten im Zeichen des Cross-Boccia-Balles. Ein hervorragendes Trainingsgerät für ALLE Spieler*innen. Vom Kita-Kind bis in die Seniorenbetreuung und von Anfänger*innen bis zu Nationalspieler*innen. Diese weichen Bälle lassen sich für intensives, zielgerichtetes und motivierendes Training bei allen Zielgruppen sinnvoll einsetzen.

Am Nachmittag referierte Henry ausführlich zur Einführung in die Konzeptwerkstatt:

  • Welche Intention habe ich als Trainer*in im Breitensport?
  • Welche grundsätzlichen Prinzipien ergeben sich daraus für die Trainer*innentätigkeit im Breitensport?
  • Wie konzipiere ich eine Trainingseinheit und wie führe ich diese durch?

Dazu gab es dann jede Menge Tipps aus der Methodik und Didaktik.

Der Dienstag stand dann ganz im Zeichen des Technikleitbilds. Hierzu haben Norbert und Michael schon sehr viel gearbeitet und auch einen richtig guten Film mit vielen Sequenzen von Profispieler*innen erstellt. Schießen, Legen, alles eine Bewegung. Nach einer detaillierten Bewegungsanalyse wurde diese mit Übungsformen und methodischen Hilfen innerhalb des systematischen Trainings in die Breitensportpraxis geholt. Später arbeiteten die angehenden Trainer*innen in Kleingruppen an ihren Breitensportkonzepten.

Der Mittwochvormittag hatte dann die Trainingslehre als Schwerpunkt. Methodik und Didaktik zum motorischen Lernen, sowie Grob- und Feinkoordination anhand von Übungen aus der Trainingspraxis. Dazu wurden zahlreiche Hilfsmittel für die Trainingsgestaltung vorgestellt.

Nach dem Mittagessen bekam das Seminar Besuch von Graziano Cecchetti, dem Schiedsrichterwart des BPV NRW. Graziano zeigte, wie man mit ein paar farbigen Magneten auf einer Flip-Chart anschaulich alle Regelfragen erklären kann. Im Anschluss wurde noch viel diskutiert und es zeigte sich, dass es auf jeden Fall für Trainer*innen sinnvoll ist, fit in der Regelkunde zu sein.

Am Nachmittag führte Michael in die Grundlagen des mentalen Trainings ein. Umfassend und fundiert ging es um Wahrnehmung, Selbststeuerung, Selbstinstruktion und Selbstgespräch. Unterfüttert wurde das durch die Beschäftigung mit dem Limbischen System. Hier läuft alles zusammen und es ist die Zentrale, wenn es darum geht, das technisch vorhandene Können auch auf den Platz zu bringen. „Sei gut zu LIMBI“ war von nun an die Aussage, mit der sich die meisten Herausforderungen im Pétanque-Sport auf einen guten Trainingsweg bringen lassen.

Und nach dieser Einführung in die mentalen Zusammenhänge, versteht man die Hintergründe des Boxenmodells im Pétanque richtig. Erst mit dem Wissen, was im „Limbi“ alles abläuft, erkennen wir, warum es Sinn macht, Entscheidungs- und Handlungsräume voneinander zu trennen. Eine wichtige Kompetenz von Trainer*innen liegt darin, nicht nur Übungen und Modelle zu zeigen, sondern diese auch fundiert erklären und wissenschaftlich begründen zu können.

Am Donnerstag ging es dann um die Situation des Boule und Pétanque Kinder- und Jugendsports in NRW. Wie passen wir Trainingsinhalte an diese Zielgruppe an und wie schaffen wir es, zunächst einmal überhaupt an diese Zielgruppe heranzukommen? Des Weiteren ging es um Trainingspläne für einzelne Spieler*innen und ganze Teams.

Am Nachmittag war wieder Zeit für die Konzeptwerkstatt. Am Beispiel des Boule-Events 2023, welches am nächsten Tag mit 140 Teilnehmer*innen startete, wurde erklärt, wie so ein großes Breitensport-Event geplant, organisiert und durchgeführt wird. Dann ließ es das Wetter zu, dass in einer guten, trockenen Stunde eine komplette Workshop-Einheit des Boule-Events mit allen angehenden Trainern*innen durchgeführt wurde. In dieser längeren Praxiseinheit wurde ein exemplarisches Training zum Thema „Mein taktisches Legen“ mit fünf verschiedenen, aufeinander aufbauenden, Ateliers gezeigt. Eingerahmt von Aufwärmübungen, die das Technikleitbild aufgreifen und taktischen Anwendungsbeispielen in Form von Wettkampfformen, die die in den Legeateliers gelernten Techniken in reale Spielsituationen transformieren, waren alle 30 angehenden Trainer*innen motorisch und kognitiv gefordert. Viele methodisch-didaktische Tipps und Übungen wurden ausgetauscht und die Teilnehmer*innen hatten die Möglichkeit, eine „echte“ Trainingseinheit aus der doppelten Perspektive, als Teilnehmer*innen und angehende Trainer*innen, zu erfahren. So wurden dann noch einige Übungen verbessert und der Ablauf des Workshops optimiert.

Der Clou an der zeitlichen Abfolge von Trainerlehrgang und Boule-Event war der, dass 18 angehende Trainer*innen beim Boule-Event die drei Workshops an der Seite von erfahrenem Trainer*innen unterstützend durchführten. Die Theorie aus der Trainer*innen-Ausbildung sofort in einem „geschützten“ und gut organisierten Rahmen anzuwenden. Das war eine tolle Win-Win-Win Situation für die  Trainer*innen, die Organisatoren des Boule-Events und vor allem für die Teilnehmer*innen des Boule-Events.

Nach dem Abendessen stellte Günter das Breitensportabzeichen Boule und seine vielfältigen Anwendungsbereiche vor. Hier war das Interesse der angehenden Trainer*innen sehr groß, da das BSA ein gutes Instrument zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit und Motivationsförderung im Breitensport darstellt.

Der Freitagvormittag diente dann noch einmal der Reflexion des Seminars und dem eigenen Selbstbild als Trainer*in. Hat sich da innerhalb der letzten 5 Tage etwas bewegt? Und wie geht es jetzt weiter? Der BPV NRW lässt die neuen Trainer*innen nicht im – in Hachen reichlich genossenem – Regen stehen. Weitere Termine zum Abschluss der Trainer*innenausbildung wurden vereinbart, Möglichkeiten des Einstiegs in die Trainer*innentätigkeit aufgezeigt und das Trainer*innen-Netzwerk des BPV NRW wurde vorgestellt.

Fazit: Auch mit 30 Personen lässt sich eine Trainer*innenausbildung hervorragend durchführen. Der Vorteil ist tatsächlich der, dass sich schon während des Lehrgangs viele gemeinsame Projekte, Kooperationen und zahlreiche Synergieeffekte herausgebildet haben. Hier gilt wirklich: „je mehr desto besser“. Die 30 angehenden Trainer*innen bildeten eine sehr gute Gemeinschaft, es wurde sehr viel gelacht und intensiv gearbeitet. Norbert und Michael führten sehr souverän und kompetent durch den Lehrgang, unterstützt durch Günter und Henry, die jeweils ihre individuellen Kompetenzen gewinnbringend in das Seminar einbringen konnten. So erlebten die Teilnehmer*innen vier unterschiedliche Trainertypen und konnten sich überall etwas abgucken. Der „rote Faden“ Konzeptwerkstatt brachte die Verbindung zur Praxis in die Ausbildung. So ist der Trainer*innenschein kein „Jodeldiplom“, welches zu Hause an der Wand hängt, sondern ein mit Leben gefülltes Zertifikat. Alle Teilnehmer*innen haben in ihrer Umgebung mindestens ein Projekt, in das sie ihre neu gewonnenen Kompetenzen sofort einbringen können. Die im Rahmen der Ausbildung zu erstellende Hausarbeit wird von den meisten Teilnehmer*innen dann auch über das real existierende Projekt in ihrem Umfeld angefertigt. So profitiert der Breitensport Boule nachweislich von den 30 neuen und motivierten Trainer*innen, und diese neuen Trainer*innen werden als Multiplikator*innen dazu beitragen, viele Dinge im Boule- und Pétanquesport auf eine professionellere, nachhaltigere Ebene zu bringen. Dass aus dem Spiel ein „schönes Spiel“ wird, ist kein Zufall, sondern das können Trainer*innen sehr positiv beeinflussen.

 

Vielen Dank an die Sportschule in Hachen,

dem Vizepräsidenten Bildung Dirk Engelhard, Norbert Koch, Michael Weise, Günter Brüning und Henry Jürgens.