Phönix Pétanque am 29.8.23 bei der TGH in Wetter an der Ruhr
von Heinz Zabel · 4. September 2023
Aus dem Münsteraner Meimel
ging es zum Phönix-Pétanque zur Turngemeinde Harkort auf den Wetterberg hoch über den Ufern des Harkortsees und der Ruhr. Die TGH Wetter ist ein typischer Breitensportverein mit einem traumhaften Gelände. Eine vergessene „Waldschänke“ aus den 1950er Jahren neben einer großen Sportwiese, umgeben von uraltem Mischwald. Sabine Schnarr, erste Vorsitzende der TGH und Ulrike Lueth, Abteilungsleiterin der neuen Bouleabteilung haben 2016 die Idee gehabt, diesem verwunschenen Ort wieder mit Leben zu füllen. So wurde eine erste Boulefläche mit 3-4 Spielbahnen angelegt.
2020 wurde dann die Bouleabteilung gegründet und dann direkt durch die Pandemie wieder ausgebremst. Seit dem letzten Jahr nimmt das Projekt „Boule auf dem Wetterberg“ langsam Fahrt auf. Und ein solch vielversprechendes Breitensportprojekt wird selbstverständlich gerne vom BPV NRW angeschoben.
Bei optimalem Boulewetter fanden sich auf dem Wetterberg 15 motivierte Sportler*innen ein. Und diese Sportler*innen repräsentierten genau die Zielgruppe des Phönix-Pétanque. Nach vielen aktiven Jahren auf dem Tennisplatz, Volleyballfeld, Fußball oder Leichtathletikgelände zwickt es hier im Knie, der Rücken zickt, oder durch schwere Erkrankungen, wie Schlaganfälle oder Krebsleiden, musste die ursprüngliche Sportart aufgegeben werden.
Los ging es mit einer ersten Theorieeinheit im Waldschatten, unter freiem Himmel an der Flip-Chart. Nach der persönlichen Begrüßung aller Teilnehmer*innen und der Vorstellung der Phönix-Pétanque Idee, ging es darum, den Sportler*innen die „Furcht“ vor der neuen Sportart zu nehmen.
Boule ist eine ganz einfache Bewegung. Viel leichter als der Tennisaufschlag, das Pritschen beim Volleyball, der Golfschwung, oder der Diskuswurf. Daher läßt sich die Wurfbewegung beim Boule auch im reifen Sportler*innenalter noch mit hoher Präzision erlernen.
Schnell wurde das vereinfachte „Technikleitbild“ beim Boule, bestehend aus, STAND – ARMSCHWUNG – HANDÖFFNUNG demonstriert und von den Teilnehmer*innen aufgenommen.
Mit Cross-Boccia-Bällen wurde dann an der Technik gearbeitet. Der große Vorteil beim Training mit den leichten und weichen „Bohnensäckchen“ (Cross-Boccia-Bällen) liegt darin, dass keine Kraft aufgewandt werden muss und die Sportler*innen sich vollständig auf die Technik konzentrieren können. Es besteht keine Verletzungsgefahr und das bei sehr hoher Übungsintensität. In Partnerübungen wurden nun die Cross-Boccia-Bälle mit Fokus auf Armschwung, Handöffnung und den „goldenen Bogen“ in der Flugbahn, hin- und hergeworfen. Was anfangs auf drei Meter funktionierte, klappte nach 10 Minuten auf 12 Meter. Erstaunlich, was mit dem richtigen Armschwung und einer sauberen Technik alles möglich ist.
Nach 15 Minuten intensivem Training mit den Cross-Boccia-Bällen waren alle Körper so locker und aufgewärmt, dass wir die Stahlkugeln hervorholen konnten. Zunächst ging es darum, die richtige Kugelhaltung in der Hand zu erlernen. Janne und Henry hatten einige Sätze Turnierkugeln mit unterschiedlichen Durchmessern dabei, damit demonstriert werden konnte, dass eine zur Handgröße passende Kugel wichtig ist, um schnell Lernfortschritte zu erzielen.
Mit der richtigen Kugelhaltung ging es dann an den einfachsten Standartwurf, den sogenannten „halben Wurf“, oder im Französischen „demi-portée“. An 8 Stationen übten die Teilnehmer*innen, über einen aufgezeichneten Donnée-Kreis (die Stelle an der die Kugel zuerst den Boden berührt), möglichst häufig in einen Meterkreis um das Cochonnet (die kleine, hölzerne Zielkugel), hineinzukommen. Hier standen Janne und Henry immer für individuelle Korrekturen und Tipps bereit, so dass nach 15 Minuten Training, schon sehr viele Kugeln nah am Cochonnet lagen.
Nun war es Zeit für eine Kaffeepause, in der das bereits Gelernte lebhaft besprochen wurde. Mit dem Tenor: „Hätte mir das doch schon mal jemand vor einem Jahr, als ich das erste mal Kugeln in der Hand hatte, beigebracht….“
Nach der Pause wurde es taktisch. Denn gerade in dem Wettkampfspiel, so wie es auch auf internationalen Meisterschaften gespielt wird, liegt ja der große Reiz des Spiels. Der erste Schritt zu der Faszination, wo aus Boule, Pétanque wird, liegt in der „Boule dévant“. Die erste Kugel, 30-90cm vor dem Cochonnet. Die motivierende Übung „Legetrichter“ hat genau diese „Boule dévant“ zum Ziel.
Eine weitere taktische Übung ist das „Reindrücken“ von Kugeln für zusätzliche Punkte.
An jeweils vier Ateliers „Legetrichter“ und „Reindrücken“ spielten alle Teilnehmer*innen einen Probedurchgang und danach drei Durchgänge „mit Zählen“. Ein sehr einfaches Punktesystem bei diesen Übungen bringt schnell einen Wettkampfcharakter, der bei den ehemaligen Wettkampfsportler*innen gut ankam und mit freudigem Ehrgeiz gespielt wurde.
Am schönsten ist es, wenn es knallt! Schiessen kann Jede*r.
Mit einem geraden Demi-portée und sauberer Technik, ist Schiessen leicht zu erlernen. Über einen „Donnée Korridor“, der die gerade Linie beim Wurf unterstützt, gab es dann auf einer Distanz von 6m die ersten Erfolgserlebnisse.
Und wer ein Donnée auf 3-4 Meter Distanz beim halben Wurf treffen kann, der kann auch eine Kugel auf 4m direkt „au fer“ (auf Eisen) treffen. Und dann gibt es diesen herrlichen Knall, wenn die Kugel direkt auf Eisen trifft. Strahlende Gesichter und auch eine Differenzierung für die Spieler*innen, die schon etwas mehr Übung hatten, wurde durch das „Leiterspiel“ beim Schiessen erreicht. Wer auf 4m zwei von drei Kugeln trifft, darf sich im Anschluss auf 5, 6, 7m versuchen.
In der folgenden Pause und dem anschließenden Theorieteil widmeten sich Janne und Henry ihrem Lieblingsthema.
Kommunikation beim Boule – damit aus dem Spiel auch ein „schönes Spiel“, ein erfolgreiches Spiel und bestenfalls auch ein beglückendes Spiel wird.
Die Kommunikation mit den Mitspieler*innen, aber auch die „innere Kommunikation“ mit mir selbst, beeinflussen stark meine mentale Disposition und damit letztendlich den Erfolg meines Spiels.
„Wir haben einen (gemeinsamen) Plan“, umgesetzt in dem vereinfachten „Boxenmodell“, bei dem der Entscheidungsraum (das Kugelbild, der Weg zwischen Kreis und Cochonnet) vom Handlungsraum (der Kreis, in dem ich den gemeinsam beschlossenen Wurf ausführe), getrennt wird. Ergänzend zu diesem Boxenmodell wird darüber kommuniziert, was Spielpartner*innen stört und was ihnen hilft, sowie die Art und Weise des verbalen und non-verbalen Umgangs miteinander.
Hieraus ergab sich eine lebhafte Diskussion und alle Teilnehmer*innen konnten von Situationen berichten, die eine vorherige Beschäftigung mit dem Thema Kommunikation bitter nötig gehabt hätten.
Im letzten Praxisteil wurden in Teams 7 knifflige Spielsituationen aus Henrys Ordner „13 taktische Spielsituationen“ aufgebaut und von allen Sportler*innen im Wettkampfmodus durchgespielt. Alle Teilnehmer*innen waren mit großer Freude und angenehmen Ehrgeiz dabei. Und die Kommunikation war schon eine ganz andere… es waren schöne Spiele, bei denen sich dann Elvira & Klaus am Ende mit über 30 Punkten die „Taktik-Kommunikations-Krone“ aufsetzen durften.
Gegen 20 Uhr verabschiedeten sich Janne und Henry, nach einem intensiven und sehr schönen Nachmittag, von erschöpften und zufriedenen Sport Phö – Nixen Pétanque der TGH und der herrlichen Anlage auf dem Wetterberg. Hier entsteht eine tolle Boulegemeinde, die auch schon die Errichtung weiterer 8 Boulebahnen beschlossen hat. Da erhebt sich ein Phönix, von dem wir in NRW bestimmt noch einiges hören werden.
Vielen Dank für den tollen Nachmittag und die Gastfreundschaft auf dem Wetterberg sagen
Janne und Henry Jürgens aus Münster