Die Wetter-Göttin spielt Boule
von Christoph Roderig · 13. August 2023
Text: Henry Jürgens · Fotos: Reinhard Stelberg
Der Termin vom 4. bis zum 6. August eines Jahres ist eigentlich eine „Bank“, wenn es darum geht, beim Boule-Event des BPV NRW in Hachen zumindest trockenes Wetter zu genießen. Die verantwortlichen Organisatoren der diesjährigen Auflage, Günter Brüning (Gesamtorga) und Henry Jürgens (Konzeption Workshops), waren bereits im Lehrteam der Trainer C Breitensportausbildung, die in der Woche vor dem Event durchgeführt wurde. Nach drei Tagen Dauerregen und dunklen Prognosen für das Wochenende war den beiden und dem dritten im Bunde, Dirk Engelhard (Finanzen und Verträge) klar: Wir brauchen einen Plan B.
Hallenzeiten, Indoor-Kugeln, Cross-Bocciabälle für 140 Personen – das musste alles in kürzester Zeit organisiert werden. Der beste Plan B ist aber der, den man nicht durchführen muss. Es fing meistens direkt nach Beendigung der Workshops und Supermelées an, wie aus Kübeln zu schütten und hörte pünktlich zum Beginn der nächsten Runde wieder auf. Kein Grund also, Kugeln oder Cross-Boccia in geschlossenen Räumen zu spielen. Der Plan, die Party und die Abschlussrunde vom Freiluft-Innenhof des Sport- und Tagungszentrum in die Mehrzweckhalle zu verlegen, wurde beibehalten und ging voll auf. Es ist doch netter im Trockenen, wenn es draußen blitzt und donnert.
Nach den Erfahrungen und Rückmeldungen zum Boule-Event 2022 sollte sich in diesem Jahr der Trend zu einem stärkeren Fokus auf die sportliche Seite des Pétanque fortsetzen, ohne aber die Geselligkeit und Freude am gemeinsamen Spiel zu kurz kommen zu lassen.
Neu war in diesem Jahr eine ausgeklügelte Organisation der Workshops, dass alle Teilnehmer*innen zwei der drei Workshops besuchen konnten, ohne dabei auf die Teilnahme am Supermelée verzichten zu müssen.
Am Freitag und Samstag wurden in insgesamt fünf Zeitfenstern parallel alle drei Workshops und das Supermelée angeboten, am Sonntag fanden dann die „Endspiele“ im Supermelée statt, bevor es zur Sieger*innen Ehrung und zur Abschlussrunde, pünktlich vor dem nächsten Gewitter, in die Mehrzweckhalle ging.
140 Spieler*innen spielten vier Runden Supermelée nach dem „Schweizer System“ auf über 30 sehr unterschiedlichen Bahnen mit „Charakter“. Das in diesem Jahr noch einmal verfeinerte „Hachener System“ für die Auslosung der Spielpartner*innen und Spielbahnen machte dies ohne lange Wartezeiten und Organisationschaos möglich.
Die Workshops wurden zu den Vorjahren runderneuert. Jedes Jahr einen Workshop „Legen“ und einen Workshop „Schiessen“, das ist etwas bieder und wird schnell langweilig.
Im Zentrum aller Workshops stand das vereinfachte Technikleitbild des Trainer*innen-Netzwerks im BPV NRW. Stand, Schwung, Handöffnung -, ob Legen oder Schiessen, darauf kommt es an.
Das Legen wurde in diesem Jahr aus der taktischen Perspektive heraus betrachtet. Übungen, Spielformen und ganz viele Tipps zum taktischen Verständnis im Boule und Pétanque wurden angeschnitten. Beim Schiessen ging es im Schwerpunkt um die mentale Komponente, die über Erfolg und Misserfolg letztendlich entscheidet. Wie kommunizieren wir im Team, wie instruiere ich mich selbst im Spiel. „Sprich gut zu Limbi“, dem limbischen System im Stammhirn, welches einen so großen Einfluss auf unsere Verfassung und Konzentration hat. Man hört schon durch, in Hachen wird eine Boule-Philosophie vermittelt und gelebt, die die schönen Seiten unseres Sports stärkt und uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Dass wir bei den Workshops einen großen Sprung in der Qualität der Vermittlung erreichen konnten, lag aber nicht nur an der professionellen Vorbereitung und der Begrenzung auf 16 Teilnehmer*innen.
Das Meisterstück beim Boule-Event 2023 lag in der Kombination der Trainer C Breitensportausbildung und dem Boule-Event. 16 angehende Trainer*innen begleiteten unter der Leitung der erfahrenen Trainer Christoph Roderig, Dieter Treichel und Henry Jürgens, unsere Teilnehmer*innen in den Workshops. Diese intensive Betreuung durch unsere angehenden Trainer*innen wurde begeistert angenommen. Die motivierten Neulinge konnten die Inhalte ihrer Ausbildung zeitnah anwenden und freuten sich besonders darüber, dass sie in den Supermelée-Partien direkt feststellen konnten, dass die Workshopinhalte umgesetzt wurden. „Sprich gut zu Limbi“, „sorge für eine positive Atmosphäre in deinem Team“, ein wenig trugen diese Inhalte dazu bei, dass aus „schönen Spielen“, sehr schöne Spiele wurden. Und wer jetzt meint, dass diese Workshops nur etwas für Anfänger*innen sind, hatte sich getäuscht. Ein paar Variationen in den Ateliers, ein anderer Fokus auf den Bewegungsablauf, so stellten sich die Trainer*innen auf erfahrene Teilnehmer*innen z.B. bei deutschen Meisterschaften genauso ein, wie auf absolute Einsteiger*innen und sorgten dafür, dass alle „etwas mitnehmen“ konnten.
Erstmals wurde in diesem Jahr ein Workshop „Schwunganalyse mit dem eigenen Smartphone“ angeboten. Ein tolles Instument, sich selbst weiterzuentwickeln. Parallel zu den Supermelées auf dem Gelände der Sportschule wurden auch zwei Runden Supermelée auf spannenden Plätzen am Sorpesee durchgeführt. „Boule & Bike“ mit der ADFC Tourguide und Assistenztrainerin Janne Jürgens und „Boulandern“ mit dem „Local“, Sauerlandkenner und Assistenztrainer Karl Rosenbaum, erweiterten die Angebote rund um den Breitensport Boule um zwei spannende Formate.
Diesen beiden Gruppen wurde allerdings der Ausflug weg vom Sport- und Tagungszentrum zu einem nassen Verhängnis. Die Wanderer schafften es noch, im dicksten Regen einen Unterstand zu finden und dort auf die Busse zur Rückfahrt zu warten. Die Biker hatten Glück im Unglück. Als der Himmel sich öffnete und die berühmten „Hunde und Katzen“ regnen ließ, standen sie gerade in unmittelbarer Nähe einer Station der DLRG. Hier wurden sie aufgenommen und mit heißem Tee versorgt. Die Fahrräder blieben schließlich zum Teil stehen und einzelne Biker*innen liessen sich lieber bequem per Shuttle zur Sportschule zurück bringen.
Nun zum geselligen Teil des Events. Vier Partien Supermelée und zwei Workshops brachten uns allen viele neue Gesichter, Kontakte und sich anbahnende Boulefreundschaften. Der Freitagabend in der netten Sportschulenkneipe „Tenne“ wurde aber noch einmal getoppt vom „Bergfest-Bankett“ in der Mehrzweckhalle mit Salaten und Leckereien, die im Außenbereich vom tollen Catering-Team des Zentrums gegrillt wurden.
140 Bouleverrückte in einem Raum zeigten sich dann darüber hinaus als ausdauernde Tanzsportler*innen. Mit der Band „Alacoustic“ hatte das Organisationsteam ins Schwarze getroffen. Tanzbare Hits der 1960er und 1970er wurden mit einer ansteckenden Begeisterung dargeboten, dass sich die Tanzfläche schon beim ersten Stück füllte und nicht mehr leerte, bis der letzte Ton der vielen Zugaben verklungen war. Qualitativ hochwertig, mit vierstimmigen Satzgesang und akustischen Instrumenten wurde auch den Musikliebhaber*innen einiges geboten. Keine nervigen „Mallorca-Bässe“, die uns vor die Wahl stellen, mitzufeiern, oder den Raum zu verlassen. So wurde bis nach Mitternacht getanzt, oder sich angeregt an den Tischen unterhalten.
In einer Pause der Band griff Karl-Josef Flühr zum Mikrofon. Der DPV Vizepräsident Inneres zeigte sich sehr beeindruckt von dem Event, sowohl von der großen Zahl an Teilnehmer/innen, als auch von der Qualität der Referenten und der Workshops.
Günter Brüning sorgte mit perfekter Organisation und seiner sympathischen, ruhigen Art dafür, dass kleinere Problemchen umgehend gelöst wurden, Dirk Engelhard hatte immer den Überblick und trug im Hintergrund viel zum Gelingen des Events bei. Nicht zu vergessen, Ulla Brüning und Susanne Treichel, die mit viel Weitsicht, Kreativität, Oranisationstalent und Einsatz immer schon vorher da waren, wo sich vielleicht ein Problem ergeben könnte.
Für das nächste Jahr wird natürlich weiter am Event gearbeitet. Insbesondere wird dafür gesorgt werden, dass Boulespieler*innen mit Handicap die maximale Unterstützung bekommen und mit noch mehr Freude am Event teilnehmen können. Zudem arbeiten wir daran, dass die Verzahnung der Trainerausbildung mit dem Boule-Event ausgebaut wird. Hierdurch wurde schon in diesem Jahr die Qualität der Workshops noch einmal gesteigert. Denn die Teilnehmenden sollen auch im nächsten Jahr einen tollen „Input“ mit nach Hause und in ihre Vereine mitnehmen können.
Und jetzt schon vormerken: Boule-Event 2024 vom 16.-18.8.24 im Sport- und Tagungszentrum des LSB NRW im sauerländischen Hachen.
…und schaut doch mal mit einem Klick hier auf die Seite des BPV NRW. Hier bietet der Landesverband noch einige interessante Seminare auch noch in diesem Jahr an.