Zertifikatsausbildung Trainerassistent:in und Helfer:in

Selbst sauerländer Dauerregen am 25. und 26. März 2023 bei kuscheligen 4° Grad konnte sie nicht aufhalten – und hier sind sie, die ersten erfolgreichen Absolvent:innen der neuen Zertifikatsausbildungen des BPV NRW.

Helfer:innen und Assistenztrainer:innen sollen die Lücke zwischen den engagierten Laien, die sich um Boulegruppen oder Teams im Breitensportbereich kümmern, und C-Lizenz Trainer:innen schließen. Alle Teilnehmer:innen der Ausbildung haben aktuell in ihrem Ort, in ihrem Verein bereits ein Projekt zu betreuen, oder haben eine Idee für ein Projekt, welches nun fundierter angegangen werden soll. Diese Projekte variieren zwischen der Etablierung eines Boule-Treffs im ländlichen Raum, über die Aktivierung von Vereinsmitgliedern, die sich gegen das Ligaspiel entschieden haben und sich eventuell für eine Hobbyliga interessieren, bis hin zu der Betreuung eines Teams in der Bezirksklasse. 

Boule steht im Breitensportbereich immer in einem Spannungsfeld zwischen einer geselligen Freizeitbeschäftigung und echtem Pétanquesport. Dass dies kein Widerspruch sein muss, und wie wir diesen Spagat leisten können, wurde in zwei intensiven Tagen erkannt und erfahren. Die erste Diskussionsrunde drehte sich um die Themen:

  • Mit welchen Bedürfnissen und Erwartungen kommt unsere Zielgruppe auf den Bouleplatz?
  • Wo „holen wir unsere Leute ab?“
  • Welche Position nehmen wir als Assistenztrainer:innen zukünftig auf dem Bouleplatz ein?

Schnell wurde klar, dass die passende Formel:

Spiel + Spaß … und noch was dazugelernt!        lauten muss.

Als Grundlage für die weitere Arbeit an boulespezifischen Themen haben wir in der Gruppe erarbeitet, welches Basiswissen wirklich wichtig ist, um sich spielerisch und mit viel Spaß dem Pétanquesport anzunähern. Die zentralen Fragen lauten hier:

  • Welche Grundregeln sind wirklich wichtig für ein wirklich „schönes Spiel“?
  • Warum ist Fairplay mehr als reine Regelkunde?
  • Wie vermitteln wir ein vereinfachtes Technik-Leitbild?
  • Was müssen wir über Taktik wissen, damit wir nirgendwo „untergehen“?

Alle Teilnehmer:innen erkannten schnell, dass Henrys Lieblingsansatz die „Didaktische Reduktion“ ist. Nämlich das Herunterbrechen von komplexen Inhalten und Bewegungsabläufen auf das Wesentliche. Spielerisch, mit Freude! 

Der erste Warm-up-Versuch im Innenhof der Sportschule wurde dann nach knapp 10 Minuten im stärker werdenden Regen abgebrochen und in die Halle verlegt.

Aufwärmen,  Technik,  Taktik,  Spiel. Diese Bestandteile eines Breitensport-Trainings sollen immer miteinander unter einem „griffigen Thema“  miteinander verknüpft werden. Schwerpunkte der ersten Praxiseinheit waren: 

  • Wie sprechen wir eine Gruppe an,
  • Wie organisieren wir eine Gruppe
  • Wie strukturieren wir ein Training?

Mit Turnschuhen, Cross-Boccia-Bällen und Hallenkugeln wurde ein gut abgestimmtes Training  exemplarisch durchgespielt. Günter und Henry hatten viele Ideen und einfache, selbst hergestellte Trainingsmaterialien mitgebracht und in das „Probetraining“ eingebaut. An 10 verschiedenen Ateliers, speziell auf die Zielgruppe im Breitensport ausgerichtet, konnten sich alle Teilnehmer:innen ausprobieren.

Günter und Henry konnten hier- und da noch ein paar Tipps gegeben, so dass auch alle Spieler:innen zusätzlich an ihrer eigenen Technik arbeiten konnten.

In der abschließenden Einheit nach dem Abendessen wurde der praktische Teil noch einmal mit einem roten Faden zum methodischen Aufbau einer Trainingseinheit unterfüttert. Weiterhin gab es eine Frage-Antwort-Runde zu den Ateliers, Trainingsmaterialien und Informationsquellen für Trainingsinhalte. Die abschließende Reflexionsrunde bezog sich auch auf das im Vorfeld von allen Teilnehmer:innen bestandene Online-Modul.

Nun stand der große Moment der Übergabe der ersten drei Zertifikate an:  „Helfer:in Pétanque“! Das war der gelungene Abschluss dieses anstrengenden und interessanten Seminartages, danach konnten alle entspannt zum gemütlichen, informellen Teil überzugehen. Und es drehte sich selbstverständlich noch weiter um Pétanque. Wir hätten noch lange unsere Themen vertiefen können, aber die Nacht war eine Stunde kürzer und um 9 Uhr ging es am Sonntag weiter im Stoff.

Am Sonntag standen für die angehenden Assistenztrainer:innen folgende Themen an:

  • Wie gestalten und bewerben wir unsere Trainings so, dass auch jemand kommt?
  • Das Technikleitbild zerlegen und vereinfachen.
  • Der „diagnostische“ Blick.
  • Rollenspiele zur Kommunikation zwischen Trainer:innen und Spieler:innen.
  • Referenzbewegung: Technisches Leitbild. LWAC.
  • Techniktraining mit Videoanalyse.

Heute ist Training 17 Uhr“…..   damit locken wir keine Spieler:innen auf den Platz!

Bedeutend besser sind Einheiten zu konkreten Themen mit ansprechenden Titeln, wie z.B.

„fiese Verteidigungskugeln“, „hinter der Sau lauert der Tod“, „der goldene Bogen“, „flach schiessen, hoch gewinnen“.  Wichtig ist aber immer, dass der/die Trainer:in authentisch bleibt. Ohne die eigene Persönlichkeit, Freude und Herzblut läuft gar nichts.

Es gibt unendlich viele Bewegungen auf dem Platz zu bestaunen. Wir haben das Technik-Leitbild analysiert und uns angeschaut, welche Teilbewegungen für einen erfolgreichen Wurf hilfreich sind, welche ihn stören, und welche einfach nur egal sind, weil sie weder helfen, noch stören. Sehr hilfreich waren hier die Videos der LWAC Reihe und das Video zum Technik-Leitbild von Norbert Koch und Michael Weise, welche wir über einen Beamer betrachten konnten.

Nun wurde es in der Halle ernst. Mit „diagnostischem Blick“ und der Slow-Motion-Funktion unseres Telefons haben wir uns gegenseitig analysiert und korrigiert. Die beiden Seiten, Trainer:in und Spieler:in wurden wechselseitig eingenommen und im Rollenspiel geübt. In beiden Rollen gab es einen großen Lernzuwachs – selbstverständlich mit viel Spaß.

Dabei haben wir gelernt, wie Korrekturen formuliert werden sollten, wieviel Korrektur sinnvoll ist, wann und wie wir die Spieler:innen korrigieren und in welchen Situationen so eine Korrektur vorgenommen werden sollte. Denn bereits am Vortag haben wir gelernt, dass eine Trainer:innentätigkeit im Pétanquesport bislang ein sehr sensibles Terrain ist, und der Grat zwischen motivierendem Training und demotivierender Bevormundung sehr schmal ist.

Die letzte Einheit galt dann dem Ausblick auf die kommende Arbeit, sowie die Gestaltung des „Vereinsprojekts“, für welches die letzten drei Lerneinheiten von insgesamt 15 Einheiten angerechnet werden. Da alle Teilnehmer:innen bereits jetzt gute Ideen für ein eigenes Projekt vorstellten, konnten die Zertifikate mit bestem Gewissen am Ende des Seminars vergeben werden. Die Betreuung der vorgestellten Projekte werden Günter und Henry übernehmen und stehen auch jederzeit für Tipps und Fragen bereit.

Die Idee, eine Zertifikatsausbildung für Helfer:innen und Assistenztrainer:innen im BPV NRW anzubieten, hat sich als sehr vielversprechend dahingehend gezeigt, den Bereich Breitensport pädagogisch, methodisch und didaktisch auf ein anderes Level zu bringen. Von Anfang an Pétanque als Sport zu begreifen, der Technik und Taktik beinhaltet, kann durch die Helfer:innen und Assistenztrainer:innen weiter etabliert werden – natürlich spielerisch, mit viel Freude und Spaß.

Im Übrigen war ein Teilnehmer so begeistern, dass er sich spontan zum nächsten Schritt entschlossen hat und im August an der C-Trainerausbildung (Klick) teilnimmt.