Bericht zum Kurs „Individualtaktik & Konzentration“ und „Teamtaktik & Kommunikation“

Eine gute Technik und taktisches Verständnis

führen leider nicht immer automatisch dazu, dass wir erfolgreich spielen und schon gar nicht dazu, dass unsere Spiele auch „schöne Spiele“ sind.

Unser Spielvermögen auf den Platz bringen, innerhalb des Teams Freude haben und sich gegenseitig besser machen. Das ist der Wunschtraum vieler Spieler*innen und es wächst das Interesse daran, an diesen „Baustellen“ zu arbeiten.

Der Kurs „Wer zählt schon blaue Elefanten?“ des BPV NRW mit Michael Weise und Ludger Roloff im Mai 2023 erzeugte bereits ein großes Interesse in der Boulegemeinde.

Mit „Sag bitte nicht allez – Hase“ und „Wir haben einen Plan“ bot der BPV NRW  einen neuen Kurs unter der Leitung von Henry Jürgens an, der in eine ähnliche Richtung gehen sollte. Unter der großen Überschrift „Mentale Einflussfaktoren im Pétanque oder mentales Training“ widmete sich der Kurs der Verknüpfung der Themen Taktik, Konzentration und Kommunikation.

Trotz einiger kurzfristige Corona-Absagen

begann der Kurs am Samstag, 18.11.23 pünktlich um 14 Uhr bei Dauerregen. Das störte zunächst einmal nicht, denn die Reise begann für alle Teilnehmer*innen mitten im Kopf. Im limbischen System. Lernen, Motivation, Bewegungsgedächtnis und Emotionen werden vom limbischen System wesentlich gesteuert. „Sei gut zu Limbi“, dieses Bonmot, welches Michael Weise in den letzten Jahren im BPV NRW etabliert hat, sollte im Seminar immer wieder Verknüpfungen mit den Inhalten erfahren.

Die drei Schwerpunkte des Wochenendes lagen in den Fragestellungen:

  • Wie rufe ich mein Potential ab, wenn ich im Kreis stehe?
  • Wie stärke ich meine Mitspieler*innen und wie stärken sie mich?
  • Wie gestalten wir die taktische Entscheidungsfindung im Team?

Hier ging es zunächst einmal darum, sich selbst für die nächste Kugel realistische Ziele zu setzen. Kein „Vielleicht“, kein „ich probier mal“, kein „bloß nicht zu kurz…“, sondern sichere Würfe wählen und mit dem Bewusstsein „Ich kann das“ in den Kreis gehen.

Das bekannte Boxenmodell wird immer angewandt. Auch von diesem Modell gibt es eine „light Version“. Hier reicht die klare Trennung von Entscheidungsraum und Handlungsraum.

Letztendlich sind es dann eigene Routinen, die Abläufen eine Sicherheit verleihen und störende Einflüsse von außen von uns halten. Denn eins ist sicher, verantwortlich sind nur wir selbst für eine schwache Kugel, und nicht der Gegner, der sich im Hintergrund an die Nase gefasst hat.

Dann hieß es in der Halle „Hallenkugeln oder Cross-Boccia-Bälle?“ Beides nur der Plan B, aber trocken und warm. Beim „Chips-Spiel“ ging es darum, für sich, in Absprache mit dem Team, ein realistisches Ziel für den nächsten Wurf zu finden. Der Erfolg wurde vom gegnerischen Team dann mit ein oder zwei Chips belohnt. Wie korrelieren die gesetzten Ziele mit der Anzahl der Chips, die ich am Ende des Spiels in der Tasche habe? Waren meine Ziele realistisch? Haben wir Entscheidungs- und Handlungsraum voneinander getrennt? Welche Routinen helfen uns? Wie agieren wir im Team?

Alle Spieler*innen eines Doublettes oder Tripletts tauschten sich aus und sensibilisierten sich gegenseitig für das Coaching.

Vor dem Abendessen

drehte sich eine Einheit komplett um die lieben Mitspieler*innen. Wie helfen wir uns gegenseitig im praktischen Bereich? Da geht es um die Analyse des Geländes und der Données, aber auch um die optischen Hilfen, die wir durch unsere Standpositionen auf dem Spielfeld geben können.

Der Punkt: „Wie helfen wir uns gegenseitig im Mentalbereich?“ ist bedeutend komplexer.

Nervt mich ein „Allez Hase!“, oder motiviert es mich zusätzlich? Wie gehen wir mit schwach gespielten Kugeln um? Klatschen wir uns ab, oder lächeln wir uns nur an?

Solche Fragen haben wir in einer „To do or not to do“ Liste als Team abgearbeitet. Und in genau diesen Teams spielten wir eine Partie nach dem Abendessen, wobei wir genau auf die gerade erarbeiteten Punkte der „To do or not to do list“ achteten.

Im letzten Theorieblock widmeten wir uns der Überschrift: „Wir haben einen Plan“.

  • Analyse – des Bildes
  • Optionen – bestimmen
  • Antizipation – Plan B
  • variables Spiel nutzen
  • Erfolgswahrscheinlichkeit prüfen
  • Entscheidung treffen

Gerade das Thema „variables Spiel“ haben wir ausgiebig diskutiert. Durch das variable Spiel öffnen sich uns viele Optionen, die uns die Freiheit geben, nur dann in den Kreis zu gehen, wenn wir überzeugt sind, wenn wir KÖNNEN  und WOLLEN.

 

Der Sonntag brachte dann gutes Wetter

und eine direkt nach dem Frühstück richtig Stimmung in den Seminarraum. Auf die Frage, welche Erfahrungen beim gestrigen Abschiedsspiel bei der Kommunikation und der Harmonie innerhalb der Teams gemacht wurden, kamen zunächst die erwarteten Rückmeldungen, dass ganz viele gute Erfahrungen gemacht wurden. Dann kam aber ein: „Nein, bei uns war das nicht so, weil …… sich so und so verhalten hat!!!“  PENG!

Sofort wurde sich heftig verteidigt und angegriffen. Die Klischees von den Anweisungen empfangenden „Legehennen“ und den dominanten „Chauvi-Schiessern“ blitzten auf. Herrlich. Wir waren 100% ig im Seminarthema angekommen. Erweitert durch eine beim Pétanque bislang zu wenig behandelte Gender-Diskussion.

Für die Gruppe sprach es, dass es gelang, die bislang gelernten Inhalte und Methoden konkret zur Lösung dieses Konflikts einzusetzen. Unter dem Eindruck dieser Konfliktlösung stellten wir Doubletten zusammen, die miteinander die letzte Praxiseinheit angehen sollten. Die Aufgabe für den Weg zum Bouleplatz war es, die „To do or not to do“ Liste miteinander durchzugehen.

Auf dem Bouleplatz wurden 5 Ateliers aus Henrys „13 Ateliers zur Taktikschulung“ (die alle TN selbstverständlich am Ende des Seminars in digitaler Form erhalten haben) Mappe aufgebaut.

Die fünf Teams spielten nun jeweils 2 Aufnahmen mit unterschiedlichen Rollen an jedem Atelier. Für erreichte Punkte gab es Chips, für Punkte beim Gegner wurden Chips abgegeben. Es entwickelte sich ein lebhaftes Spiel, bei dem hervorragend, die in den letzten intensiven Einheiten erarbeiteten Punkte, umgesetzt wurden. „Limbi“ hatte es in allen Teams gut und die Spieler*innen brachten das auf den Platz, was ihre technischen Voraussetzungen hergaben. Mit 21 Chips wurden Ursula und Peter überraschend deutlich Tagessieger. Alles umgesetzt – prima!

Fazit:

Ein ganz wichtiges Thema, welches von Teilen der Boulegemeinde immer noch chronisch unterschätzt wird. Der BPV NRW bleibt dran und befindet sich mit Seminaren dieser Art am Puls des Pétanque Herzens.